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Einfach anfangen
#11
Hallo Schokiprinz,

danke dir. Feedback, Rückmeldung, Ermutigung, Reaktion auf das eigene Tagebuch hilft sehr.

Gestern war kein schöner Tag:
Das Verhalten der Kinder war absolut anstrengend, entsprechend genervt war auch meine Frau. Spannungen also zusätzlich in der Beziehung. Ein Projekt auf der Arbeit überfordert total und stresst dadurch, aber es gibt kein Entkommen.

Der Gedanke „Ich will das nicht sehen, weil kein Interesse“ war nicht wirklich präsent. Eher „ich will das nicht sehen - ich will gewinnen“. Ein einziger Klick auf ein relativ harmloses Bild. Das wars.

Abends habe ich mich dann an der Gitarre gerettet.

Heute war ich immer noch nicht glücklich, aber fester entschlossen, nicht aufzugeben. Ich halte durch.

Das Leben ist halt manchmal einfach nicht schön.
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#12
Halte durch, Mosaikstein!!  

Du hast drei Möglichkeiten im Leben: 

- aufgeben 
- nachgeben oder 
- alles geben! 

Angel

Du schaffst das!!
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#13
Liebe Susan,

danke dir.

Ja, das Leben ist manchmal hässlich, nervig oder einfach nur ätzend.

Aufgeben war noch nie eine Option.
Nachgegeben habe ich schon soooooo oft.
Alles geben klingt so heldenhaft. "Hurra, komm her, ich zeige es dir!" "Braveheart-mäßig". - Das ist seit meiner großen Lebenskrise vorbei. Vielleicht wurde ich "grund-desillusioniert".

Die letzten Tage waren nicht schön. Ein Tag war so einer, an dem ich früher nachgegeben hätte. Und das war mir den ganzen Tag bewusst. "Am liebsten würde ich den ganzen Tag schauen" im Sinne von "früher hätte ich".

Ich weiß nicht, wo die Kraft herkam. Gottes Hilfe, die er ja versprochen hat? (Diese Gott-Sachen klingen geschrieben immer so viel religiöser und pfader als sie sich anfühlen und sie gemeint sind).
Fakt ist: Ich bin nicht gefallen.
Ich kann aber auch nicht schreiben, dass ich "stark geblieben bin".
Es hat sich nicht so angefühlt, als wäre ich kurz vor einem Rückfall gewesen, denn das war ich nicht.
Es war aber auch kein triumphales Durchmarschieren.

Vielmehr war es ein "das Leben aushalten in seiner Hässlichkeit". Manchmal nervt alles und alles ist ätzend. Ich würde morgens am liebsten einfach im Bett bleiben und das Leben an mir vorüberziehen lassen.

Die Sache mit der Pornofreiheit ist doch, dass man das Leben manchmal einfach aushalten muss. Wie Zahnarzt ohne Betäubung.

Es geht bergauf. Klärende Gespräche stehen noch an. Aber wenn ich das Bild eines Tunnels nehme, ist der tiefste Punkt überfahren und die Steigung geht wieder bergauf.

Tag 37.
Hinzu kommt, dass ich einen neuen Counter eingerichtet habe: Tag 7 in punkto "Keine Schokolade auf Frust oder Langeweile". Das fällt mir wirklich nicht leicht.

Ach:
In der Tiefphase habe ich mich bei einer online-Challenge "30 Tage portofrei" angemeldet. Mit Videos, Sachen zum Lesen etc.
Aber da habe ich mich wieder abgemeldet. So blöd das klingt, aber aus dem Level bin ich heraus. Reflexionsfragen waren z.b. "Warum schaue ich mir das an?", "Was will ich mit dem Konsum erreichen?", "Wann bin ich in Gefahr zu schauen?"
- Das alles habe ich tausendfach durch. Es geht nicht mehr (schwerpunktmäßig) um Grundlagen. Es geht darum, die Freiheit einfach umzusetzen.

Und nun noch endlich der Text meines Liedes. Ihn zu posten schiebe ich schon so lange auf.


Auseinandergelebt.

Du bist immer da für mich, gibst mir Trost in schwerer Zeit.
Wenn es mir nicht gut geht, bist du jederzeit bereit.
Du hast immer Rat, nimmst mich an so wie ich bin.
Weißt immer, was ich brauche, dass ich wieder glücklich bin.

Deine Vielfalt und Facetten - alle Profis im Verführen.
Doch dein wahres Wesen bekomm ich hinterher zu spüren.
Dein Glück liegt dir am Herzen und dein Preis ist nicht sehr hoch.
Und doch kostest du alles, bis zum letzten Todesstoß.

Doch heute mach' ich Schluss mit dir - du kannst jetzt geh'n.
Diesmal meine ich es ernst, lass' dich einfach hier steh'n.

Ich hab' dich so oft verlassen - du rennst mir immer hinterher.
Diesen Bumerang zu werden fällt mir leider garnicht schwer.
Du nimmst dir alles, was du kriegen kannst - und noch etwas mehr.
Zurück bleibe ich innerlich verlassen, tot und leer.

Ich bin dir ganz egal, du willst nur alles zerstör'n.
Leere Versprechungen jedes Mal, ich kann sie echt nicht mehr hör'n.
Lass uns das hier beenden, du bist nichts, was ewig währt.
Lass es dabei bewenden, du bist den Rosenkrieg nicht wert.

Ich schau nicht mehr zurück und dein Abdruck verblast.
Lebe jetzt mein wahres Glück, hab zu viel verpasst.
Du wirst so rückstandslos verschwinden, da wär ein Rotweinfleck froh.
Mich wirst du nicht mehr finden, ich leb nicht mehr in deinem Zoo.

Denn heute mach' ich Schluss mit dir - du kannst jetzt geh'n.
Diesmal meine ich es ernst, lass' dich einfach hier steh'n.

Ich hab' dich so oft verlassen - du rennst mir immer hinterher.
Diesen Bumerang zu werden fällt mir leider garnicht schwer.
Du nimmst dir alles, was du kriegen kannst - und noch etwas mehr.
Zurück bleibe ich innerlich verlassen, tot und leer.

Ja, heute mach ich Schluss mit dir - du kannst jetzt gehn.
Diesmal meine ich es ernst, lass dich einfach hier stehn.

Ich hab dich so oft verlassen - du rennst mir nicht mehr hinterher.
Diesen Bumerang hier werfen, das werde ich nicht mehr.
Du hast jetzt alles, was du kriegen kannst - und kein bisschen mehr.
Zurück lass ich dich wie du bist: hässlich, tot und leer.
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#14
WOW!!!
Der Text ist sehr düster.
Kenne natürlich die Melodie nicht, habe aber versucht das Punkig zu lesen.
Kam ganz gut.
Coole idee die Sucht als Beziehung darzustellen.
Mach weiter so.
Gruß GEMINI
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#15
Toller Songtext!  Cool
Mich würde auch die Melodie dazu interessieren.
Den Vergleich mit dem Bumerang finde ich sehr passend!

Ja, solche Tage sind sehr bescheiden. 
Sie kommen, aber sie vergehen auch wieder...
...hoffentlich bald.

Kopf hoch!  Blush
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#16
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für euer Feedback! Das bedeutet mir sehr viel!

Interessant, Gemini, dass du das punkig gelesen hast. Auf die Idee bin ich noch nicht gekommen.
Ich begleite das auf der Gitarre, eher pop-rockig, vielleicht mehr in Richtung Singer-Songwriter. In die Richtung ist das auch gesungen.
Susan, vielleicht nehme ich das irgendwann mal auf.

Die Metapher mit dem Bumerang kam mir mit als erstes. Genauso ist es (für mich) auch. Und dieser ganze erste Teil („du hast immer Rat, nimmst mich an, wie ich bin, willst mir immer helfen, weißt, was ich brauche...“); das sind ja auch alles unbewusste Bahnen, die im Kopf ablaufen. Ich würde sogar sagen: bei jeder Sucht.

Düster und eigentlich auch traurig. Wenn es eine wirkliche Beziehung wäre, dann wäre das alles recht dramatisch, würde ich sagen.
Aber am Ende wird alles gut. Smile

Ich bin mittlerweile bei Tag 45; dazu 15 Tage ohne „Frust-Schokolade“.
Aber eigentlich kommt es nicht auf die Anzahl an Tagen an. Die einzelnen Tage sind nicht (mehr!) der Kampf, sondern die Phasen und Situationen, in denen das Leben ätzend ist. Und die können immer und plötzlich hereinbrechen; wie der Dieb in der Nacht.

Zur Zeit läuft es wieder besser.
Mir wird wieder bewusst, dass es sich hier um eine Reise handelt. Ich lasse Porno zurück und hinter mir. Dabei setze ich mich mehr und mehr mit mir selbst auseinander. Und der Abdruck, den Porno hinterlassen hat, verblast mehr und mehr. Irgendwann wird es sein wie mit den Zigaretten: Zurückgelassen, keine Spuren mehr zu sehen und keine Träne nachgeweint.

Der Begriff „Suchtmensch“ kam mir wieder in den Sinn; ich mag ihn nicht. Er ist defizitär und negativ. Er schreibt mir etwas negatives zu, das ich nicht ändern kann, weil es (die Sucht) Teil von mir ist.

Ich mag eher den Begriff „Recovered Addict“. Ich überwinde eine Sucht (bzw. habe überwunden). Ich habe mich besser kennengelernt. Ich nehme meine Sehnsüchte wahr, nehme sie an und lenke sie in konstruktive Bahnen. Ich mache immer noch Musik. Mittlerweile mehr als je zuvor und das sogar aus Freude am Musizieren an sich. Früher war das immer mit „lernen müssen, weil ich so schlecht bin“ gefärbt. Das ist vorbei.
Aber die Sehnsucht ist in mir und das ist auch gut so. Wohin lenke ich sie? Musik? Porno?

Auf einer Seite habe ich mal gelesen, dass bei Pornokonsum die gleichen Prozesse im Gehirn passieren, die auch bei Heroinkonsum passieren. Wenn das so ist, dann habe ich mit der Pornosucht eine richtig schwerwiegende Droge überwunden. Das adelt mich. Das ist etwas positives. Deshalb mag ich den Begriff „Recovered Addict“ mehr als den Begriff „Suchtmensch“.

(Ich kann mir nicht auf die Schulter klopfen, in dem Sinne: Ich habe es ganz allein geschafft. Ich bin überzeugt, dass das (für mich) nur mit Gott möglich war und ist. Aber den Weg musste und muss ich gehen.)

Ich will das Pornozeug einfach nicht mehr sehen.
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#17
Lieber Mosaikstein,

alles klar bei Dir?
Ich hoffe, Du hast weder der Frust-Schokolade noch den Pornos nachgegeben? 

Liebe Grüße
Susan
Blush
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#18
Hallo Susan,

danke, dass du nachfragst. Ja, bei mir ist alles klar. Ich bin nur so wahnsinnig schreibfaul zur Zeit. Wink
Ich lese hier relativ viel und schaue immer nach. neuen Beiträgen. Das ist quasi mein soziales Netzwerk. Nur fällt es mir immer so schwer, mich hinzusetzen und etwas zu schreiben.

Das Leben geht auf und ab. die letzten beiden Tage liefen wieder besser.
Ich entdecke neue Seiten in Sachen Musik und beschäftige mich viel damit.

Das doppelte Netz der Frustschokolade funktioniert. Und in allen Tiefen stellt selbst die zur Zeit keine große Herausforderung dar. Mittlerweile bin ich bei Tag 56; ich schaue nicht so oft auf den Zähler. Das ist nicht schlecht.
Ich nehme zwei Pole wahr: Auf der einen Seite weiß ich, dass ein Rückfall jederzeit kommen kann, ob nach 5, 50 oder 500 Tagen. Auf der anderen Seite fühlt sich das alles sehr weit weg an. Ich habe Porno stehen lassen und gehe stetig weiter auf meinem Lebensweg - ohne sie.

Wie geht es euch?
Liebe Grüße

Ach, noch einen Nachtrag:
Wir hatten jetzt schon eine lange Zeit keinen Sex. Die Gründe sind recht simpel: Kinder, Krankheit oder beides zusammen.
Phasenweise, weil es zwischen uns auch dicke Luft gab.

Aber das ist ok (die sexfreie Phase). Ich kann damit gut umgehen, auch das ist ein Erfolg.

Sex hat gesellschaftlich eine so ungemein wichtige Rolle. Er erscheint so viel wichtiger als er tatsächlich ist.
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#19
Hey Mosaikstein,

das hört sich doch alles sehr gut an, was Du schreibst! Smile 

Die dicke Luft hatten wir auch für ein paar Tage.
Hausgemacht, durch hormonell bedingter schlechter Laune meinerseits.
Das kann kein Mann nachempfinden oder verstehen, dass eine Frau aus dem Nichts so launisch werden kann - ich weiß.
Ich mag mich in dieser Zeit auch nicht...
Aber selbst, wenn ich meinen Mann inzwischen schon vorwarne, nimmt er es immer noch persönlich und ist beleidigt.
Naja, die Phase ist vorbei und ich bin wieder "normal".  Tongue 

Deinen letzten Satz finde ich echt gut:
Sex hat gesellschaftlich eine so ungemein wichtige Rolle. 
Er erscheint so viel wichtiger als er tatsächlich ist.

Ich merke, wie innig unsere Partnerschaft trotz dem nur "keuschen" Körperkontakt geworden ist.
Ich muss aber zugeben, dass es mir nach so langer Zeit immer schwerer fällt, die Sehnsucht nach der Zweisamkeit auszuhalten, besonders weil wir uns wieder so gut verstehen und ich ihn immer noch total anziehend finde.
Aber er ist leider noch nicht soweit und hat noch ein Stückchen Weg zum Etappenziel vor sich.
...und das werde ich jetzt nicht crashen!

Somit muss auch ich auf bessere Zeiten warten.  Undecided

Liebe Grüße
Susan
Blush
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#20
@Lieber Mosaikstein,

ich kann nicht anders und muss Dir etwas schreiben, nachdem ich Dein Tagebuch gelesen habe. Es hat mich schlichtweg umgehauen. Eigentlich wollte ich nur einen flüchtigen Blick hinein werfen,

aber:

Es hat mich so gefesselt, dass ich gleich alles lesen musste (was ich später auf jeden Fall noch getan hätte).

Beeindruckt hat mich, wie differenziert Du alles betrachten kannst. Das ist sehr selten.

Vieles hat mich an meine Krankheit erinnert. Sie fing schleichend an, ohne dass ich es bemerkte. Wie viele Süchtige (im Grunde ist sie meiner Zwangserkrankung sehr ähnlich...mangelnde Impulskontrolle, Angststörung...) wollte ich es nicht wahrhaben, und ich hielt es geheim, so lange es ging. Sprach mich jemand darauf an, habe ich abgeblockt mit dem Gedanken, dass die anderen ein Problem haben, nicht ich. Sie machen alles falsch, ich nicht. Vielleicht bin ich deshalb so geduldig mit meinem Partner.

Erst als die Krankheit, die mir lange Selbstbestimmung und Sicherheit vorgaukelte, für mich und die Menschen um mich herum immer mehr zur Belastung wurde, suchte ich mir Hilfe.

Die Ausprägung meiner Krankheit war so schlimm, dass ich zu einem der Schwersten Fälle gehörte, die in Deutschland  statistisch nur alle 10 Jahre nur 1x zu finden sind.

Ich kann mich noch an meinen 1. Fortschritt nach einer Exposition erinnern, nachdem ich so ein Glücksgefühl empfand, wie ich es noch nie erfahren hatte. Nach meinem Klinikaufenthalt war es, als hätte mir jemand ein neues Leben geschenkt. Ich nahm die gewöhnlichsten, kleinsten Dinge so positiv wahr, konnte sie genießen, Dinge, die gesunden Menschen nie aufgefallen wären weil sie diese nie entbehren mussten, nicht wie ich, die diese lange Zeit nicht mehr tun konnte. Und auch wenn ich es in meiner schlimmsten Zeit hätte tun wollen, ich hatte Angst davor, erinnerte mich nicht mehr, wie ich es vor meiner Krankheit getan hatte. Ich musste es neu lernen. 8 bis 12 Stunden Duschen, 8 Stunden Toilettengang (großes Geschäft), 4 Stunden (kleines Geschäft), 16 Stunden Anhalten, bis es nicht mehr ging und ich zur Toilette musste, noch mehr Angst und Vermeidung, auf fremde Toiletten zu gehen, im Sommer mehrere Schichten an Kleidung tragen zu müssen weil meine nackte Haut auch mein Feind war (deshalb 6 Jahre damals kein Sex mehr möglich), um nur einige der Einschränkungen aufzuzählen. Es ging nichts mehr.

Vielleicht erscheint mir deshalb die Sucht meines Mannes nicht auswegslos genug. Vielleicht halte ich deshalb so an dem Gedanken fest: Es muss doch irgendwann... Ich weiß es nicht. Auch wenn ich weiß, dass nur er allein der Schlüssel zum Erfolg sein kann, schleicht sich doch dieser Gedanke immer wieder bei mir ein, den ich loswerden muss.

Wahrscheinlich passt es nicht hier hinein, aber es kam so spontan in mir hoch, als ich Deine Geschichte las. Es hat etwas mit mir gemacht. Ich weiß nicht, warum.

Ich hoffe, Du nimmst es mir nicht übel, da es ja hier um Dich, nicht um mich geht. Vielleicht wollte ich Dir damit einfach nur zeigen: Egal, welche miesen Zeiten und Gefühle Dir auf Deinem Weg noch begegnen mögen und wie schlecht, schwach oder verzweifelt Du Dich fühlst oder so schlimm es sich für Dich anfühlen wird, es kann nur noch besser werden...

Und auch ein Rückfall ist nicht gleich Rückfall wenn wir an der Stelle weiter nach vorne gehen aber nie wieder einfach zurück. So mache ich es auch bei mir.

Ich bewundere Deine Entschlossenheit und Disziplin. Porno ist Dir haushoch UNTERLEGEN.

Alles Liebe

Geduldige
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