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Zu lange gewartet und gehofft... ein Erfahrungsbericht
#1
Hallo,

seit einigen Monaten verfolge ich das Forum mehr oder weniger regelmäßig und stelle fest, dass ich weiß Gott nicht alleine bin. Nun habe ich mich angemeldet, um alles mal loszuwerden. Ich bitte daher um Verständnis für den langen Text.
Mein Mann und ich haben uns in der Schule kennengelernt und sind seit fast 40 Jahren verheiratet. Vor einem guten Jahr habe ich mich von ihm getrennt – Auslöser ist das wiederholte Versinken im Pornosumpf und die damit verbundenen Lügen und Ausreden. Das Maß ist voll gewesen, das Vertrauen wiederholt zerstört. Da wir ein gemeinsames großes Haus haben, leben wir – weil wir es beide nicht verlieren möchten – mehr oder weniger getrennt darin. D. h. getrennte Schlafzimmer und Bäder, die Mahlzeiten nehmen wir meist gemeinsam ein. Sprechen tun wir allerdings wenig miteinander.
Nach der Trennung hatte ich begonnen, mich nach einem kleinen alten Reihenhaus umzusehen, weil ich auf einen Garten nach so vielen Jahren nicht mehr verzichten möchte, es müsste auch die Möglichkeit bestehen, meine umfangreiche Kakteensammlung mit dem Gewächshaus mitzunehmen. Ich hatte auch schon Verkaufsverhandlungen in unmittelbarer Umgebung bei meiner Schwester aufgenommen, das Haus fiel dann allerdings an jemand anders. Letztlich haben sowohl mein Mann als auch ich festgestellt, dass jeder von uns unser Haus nicht missen möchte. Daher die Einigung auf die Trennung im gemeinsamen Haus. Das geht natürlich nicht ohne Schmerzen, schön ist etwas anderes. Aber im Moment kommen wir damit mehr oder weniger klar. Ich sehe auch nicht ein, warum alles, was ich mühsam aufgebaut und eingerichtet habe – sehr viele Eigenleistungen in Haus und Garten, der jetzt nach 20 Jahren erst richtig schön ist – nun verloren gehen soll. Mein Leben lasse ich mir nicht so ohne weiteres wegnehmen.
Dass mein Mann pornosüchtig ist, ist vor etwa 8 Jahren klar geworden. Nach einer exzessiven Pornophase, wo ich erstmalig mit Trennung gedroht habe und ihn aus dem gemeinsamen Schlafzimmer geworfen habe, hat er sich im Internet informiert und das erste Mal eingesehen, dass er da wohl ein Suchtproblem hat. Wir haben dann eine Online-Beratung durch Gabriele Farke vom Verein HSO mitgemacht mit dem Ergebnis, dass wir uns ganz langsam wieder angenähert haben und es noch einmal miteinander versucht haben. Da er seine Pornosucht auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, die dahintersteckt, zurückgeführt hat, hat er damals begleitend eine Psychotherapie gemacht, die anfänglich auch sehr gut angeschlagen hat. Kurz vor Beendigung der Therapie (nach knapp 2 Jahren) ist dann bei ihm eine chronische Nierenentzündung mit umfangreicher Medikation, die zu allerlei Nebenwirkungen führten und führen, festgestellt worden, die ihn nach seinen Aussagen wieder in alte Pfade zurückgeführt hat. Inzwischen ist eine deutliche Depression aufgetreten, die es ihm schwer macht, außerhalb der Arbeit  im Home Office noch irgend- etwas anderes zu tun – er behauptet, diese Depression hätte er seit der Schulzeit, sie hätte sich jetzt allerdings deutlich verstärkt. Er steckt nach wie vor tief in der Pornosucht und erwägt, einen stationären Aufenthalt in einer Suchtklinik zu erwirken, da er nach seiner Aussage alleine nicht herausfinden wird. Er besucht aber auch seit etwa einem Dreivierteljahr eine Sucht-Selbsthilfegruppe und ist wieder in Psychotherapie. Zur Depressions-Medikation hat er auch einen Psychiater hinzugezogen.
Seiner Aussage nach war er bereits bevor wir uns kennenlernten pornosüchtig. Zwischen den Exzessiv-Phasen gab es aber immer längere „trockene“ Phasen. Früher im Rahmen der Zeitschriften ist das Ganze nie so ausgeartet. Seit Einführung des Internets und vor allem auch des Handys sind die Exzesse allerdings deutlich sichtbar geworden, anders als früher, wo alles in kompletter Heimlichkeit ausgelebt werden konnte. Die Pornosucht hat sich natürlich auch im Sex zwischen uns deutlich bemerkbar gemacht. Was zunächst mit ständig neuer Reizwäsche begann, wurde zu immer häufigerem Ausprobieren neuer Praktiken, die teilweise sehr schmerzhaft waren. Dazu hatte ich in den letzten Monaten vor der Trennung nur noch das Gefühl, beim Sex mit ihm nicht existent zu sein, es existierten wohl nur noch innere Pornobilder. Meine Wünsche beim Sex waren für ihn ohnehin nicht erregend, nur das, was er sich vorgestellt hat. Das Ganze mit entsprechend zunehmenden Problemen, die Erektion zu halten. Ich als diejenige, die in unserer Partnerschaft eher hinter Sex mit ihm hinterherlief, hatte zum Schluss keine Lust mehr, das ganze Spiel mitzumachen…
Natürlich habe ich mich gefragt: Warum hast Du Dir das so lange gefallen lassen? Das erste Mal, als ich das Gefühl hatte, hier stimmt etwas nicht, war vor ungefähr 15 Jahren. Vorher war ich sehr intensiv mit unserem ersten Kind (kompliziert schwerbehindert) beschäftigt gewesen – wir sind viele Jahre Diagnosen hinterhergelaufen und danach dann, Therapien, Beschulungsmöglichkeiten, berufliche Entwicklung, Auszug etc. Ich denke, das hat es mir unmöglich gemacht, von den Heimlichkeiten viel mitzubekommen. Erst dann – nach dem Auffinden von Unmengen von Material auf dem gemeinsam genutzten PC – habe ich gemerkt, dass da etwas anderes als „normaler Pornokonsum“ vorliegen muss. Ab und zu war ich misstrauisch geworden – mein Mann versicherte mir allerdings immer wieder, ich würde mir was einbilden; so lange, bis ich das selbst geglaubt habe…
Aber erst nach dem Auszug des schwerbehinderten Kindes in eine ambulant betreute Wohnung war genügend Luft vorhanden, um sich mit Partnerschaftsproblemen zu befassen. Das Leben war immer voll mit anderem – 2 x gebaut mit vielen Eigenleistungen, 2 Kinder, davon der älteste mit der Schwerbehinderung, beide Eltern krank und mussten unterstützt werden, und arbeiten (teilweise Vollzeit bis zum Burnout, teilweise Teilzeit) auch noch. Dazu habe ich im Laufe der Jahre immer mehr Arbeiten übernommen „in vorauseilendem Gehorsam“, weil mein Mann dazu neigt, Aufgaben zu verschusseln, liegenzulassen, etc.
Vieles ist mir erst in den letzten Jahren klar geworden. An seinem Leben habe ich nur wenig Anteil haben dürfen. Oft hat er sich am Wochenende den ganzen Tag in sein Arbeitszimmer an den Computer zurückgezogen. Da mit Einführung der Digitalfotografie Tausende von Fotos bearbeitet und „perfektioniert“ werden mussten, was die Zeit von einer Reise zur nächsten in Anspruch nahm, ist natürlich nie Zeit gewesen, um etwas „für uns“ zu machen. Einen gemeinsamen Feierabend einzurichten war vor 8 Jahren im Rahmen der Online-Beratung ein echter Akt, weil ja vor 22.30 Uhr keine Zeit dafür war… Und ob in der ganzen Zeit wirklich nur an den Fotos gearbeitet wurde oder sonstwas am Computer passierte – woher sollte ich das wissen? Versuche von mir, über mein Problem mit dieser Lebensweise zu sprechen, wurden mit Schweigen und Rückzug honoriert. Offenbar ist hier eine extreme Angst vorherrschend, dass irgendjemand über sein Leben bestimmen wollte. Das war im Elternhaus wohl massiv vorgekommen. Dieses Verhalten hat aber auch dazu geführt, dass ich irgendwann resigniert habe und mir letztlich eine eigene Welt, ein eigenes Leben aufgebaut habe. Letztlich haben wir schon lange nebeneinander her gelebt. Trotzdem kann man so viele Jahre nicht einfach über Bord werfen, und wenn es nur ein Kümmern aus Mitleid ist. Irgendwann ist der Punkt überwunden, wo man noch einmal neu anfangen kann, und man richtet sich ein mit allem.
Nach meinen Erfahrungen kann ich jüngeren Frauen nur raten, sich gut zu überlegen, ob man den Rest seines Lebens in solch einer desolaten Partnerschaft steckenbleiben will. Gerade wenn man noch nicht so viele gemeinsame Jahre hinter sich hat und so einiges passiert ist (im Forum ja immer wieder zu lesen!), lohnt es sich immer, noch einmal neu anzufangen. Es mag sein, dass es Männer gibt, die sehr viel offener mit dieser Problematik umgehen und auch insgesamt viel kommunikativer sind und die ernsthaft an ihrer Partnerschaft arbeiten. Hier sage ich: Hut ab! Nur so geht es überhaupt. In jedem Fall sind Rückfälle in Exzessivphasen, sofern sie nicht offen kommuniziert werden, mit Heimlichkeiten und Lügen verbunden. Und das ist das Verletzendste, was passieren kann. Wenn das Vertrauen erst einmal zerstört ist, lässt es sich nur sehr schwer wieder herstellen.


Ich danke für die Geduld beim Lesen und den sicherlich teilweise wirren Text, aber ich musste es einfach mal irgendwo loswerden. Ein Forum von Menschen, denen es ähnlich geht, bringt im Ernstfall mehr Verständnis auf als nicht betroffene Freundinnen oder Geschwister...
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#2
Hallo Lobivia,

willkommen im Forum. Da ich selbst nur aus der Rolle des Süchtigen sprechen kann und nicht aus der, der/s Betroffenen, kann ich mich nur begrenzt zu deinem sehr ausführlichen Text äußern. Ich finde es sehr stark, dass du dich entschlossen hast, deine Geschichte zu teilen und beim Lesen wurde mir noch einmal sehr deutlich und lebhaft vor Augen geführt, welchen heftigen Einfluss dieses Thema Pornosucht, auf unser Umfeld hat.

Häufig bin ich nur mit mir selbst beschäftigt, habe selbst zwei Beziehungen in der Vergangenheit gehabt, in der die Sucht zu Teilen zur Trennung mitgewirkt hat. Meine jetzige Partnerin kennt meine Problematik und ich beziehe sie an allen Stellen mit ein und freue mich genauso, wenn sie mich bei ihren Themen mit einbezieht.

Solche Beiträge, wie deiner, helfen extrem. Dir hoffentlich, wenn du dich mitteilen und austauschen kannst, wir haben hier tolle Mitglieder (beider Geschlechter), die zuhören, Tipps geben, selbst erzählen. Aber auch mir als Betroffenem "(Ex)User", weil ich so die Chance bekomme, die andere Seite zu sehen, weg von meinem Ego hin zu Verantwortung meinen Mitmenschen gegenüber.

Danke für deinen Text
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#3
Guten Abend fokusfinden,

hab herzlichen Dank für Deinen warmen Empfang hier. Wenn man "seine Geschichte" ins Unbekannte hinein berichtet, ist das doch immer mit gewissen Ängsten verbunden.

Es freut mich sehr, dass es Dir nach Deinen geschilderten Erfahrungen gelingt, Deine Partnerin mit in Dein Leben - mit allen Facetten - einzubeziehen, so wie es auch umgekehrt der Fall sein sollte. Nach so vielen Trennungsgeschichten hier ist es umso schöner, wenn man sehen kann, dass es anders geht und so viel besser ist...

Ich kann nur hoffen, dass mein Mann aus seiner tiefen Depression und Pornosucht mittels eines stationären Aufenthalts hinausfindet. Vielleicht besteht doch noch eine Chance, dass es gelingt, das Zusammenleben wieder positiver zu gestalten. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

VG Lobivia
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#4
@Liebe Lobivia,

schön, dass Du zu uns gefunden und Deine Geschichte erzählt hast, auch wenn sie sehr traurig ist.

Du hast wirklich viel durchgemacht, und ich teile die Hoffnung mit Dir, dass ein Klinikaufenthalt Deinem Mann helfen kann.

Nachdem, was er/Ihr schon alles probiert hat/habt, sehe ich das als einzige Chance wenn eine Trennung für Dich wirklich nicht in Frage kommt.

GLG Geduldige
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#5
Hallo Lobivia,

willkommen hier. Ich bin auch mit einem Mann verheiratet, der lange, lange pornosüchtig war und mich belogen, betrogen und verlassen hat, um seine Porno sucht live auszuüben. Mir ging es am Anfang wie dir. Ich wusste nicht mal, dass es sowas wie Pornosucht gibt und dachte immer, alle Männer schauen halt hin und wieder einen Porno. Ja, denkste. Ich habe das auch in den Jahren nie registriert, dass mein Mann so viele Pornos schaut. Das wird so gut versteckt, dass man es nicht immer mitkriegt. Mein Mann hat sich allen möglichen Schrott angeschaut und wenn ich dann entsetzt war, als ich rausgefunden habe was es war, war ich selbst schuld. Ich solle halt nicht nachsehen, was er schaut. Ginge mich ja nichts an. Mich hat er völlig links liegen gelassen.

Dass dein Mann wieder in Therapie ist und sich auch behandeln lässt, ist aber ein gutes Zeichen. Er will an sich arbeiten. Das ist bei vielen anderen Männern nicht der Fall und die Schuld wird einfach den Partnerinnen zugeschoben. Ich war meinem Mann immer zu blass, zu blond etc und selbst Schuld, dass er mich nicht mehr wollte.... es ist so demütigend, wenn der Partner einem seine Pornobilder zeigt und sagt, so muss ne tolle Frau aussehen. Das waren alles 18 Jährige Models. Total unrealistisch.

Ich hoffe, dass dein Mann trotzdem noch die Kurve kriegt und von der Sucht geheilt werden kann. Aber du musst völlig unabhängig davon dein Leben leben und vor allem genießen. Alles Gute.
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#6
Hallo Lobivia,

auch ein herzliches Willkommen von mir! Ich freue mich zu hören, dass du den Absprung geschafft hast. Ich hab meinen Mann letztes Jahr verlassen und es war die beste Entscheidung meines Lebens. Nach 16 Jahren Beziehung und davon 6 Jahren Ehe hatte ich große Ängste, gerade da er finanziell um einiges besser dasteht als ich. Aber letztlich hat alles geklappt. Es geht immer irgendwie und nichts ist es wert sein Leben jemand zu füttern, der es nicht zu schätzen weiß und einen aussaugt.
Es ist schwer, weil ich den meisten Frauen hier eigentlich nur sagen möchte: RENN. Aber das ist natürlich nicht immer die richtige Herangehensweise, weswegen ich mich oft zurück halte hier zu kommentieren.
Zu lesen, dass ihr noch im selben Haus wohnt ruft gemischte Gefühle ich mir auf. Ich kann absolut nachvollziehen, dass du das was du dir aufgebaut hast nicht aufgeben möchtest. Ich rate dir aber, wirklich auf dich zu achten. Manchmal ist es besser materiellen Verlust über sich ergehen zu lassen, anstatt mit ständiger mentaler Belastung zu leben.
Mein Exmann (Papiere sind durch, im Dezember wird der Antrag auf Scheidung beim Gericht eingereicht) ist gerade aus einem zweimonatigen stationären Aufenthalt zurück gekommen und hat nach 4 Tagen bereits wieder einen Relapse gehabt. Nun steckt er wieder drin. Ich versuche als Freund für ihn da zu sein, aber selbst das ist manchmal sehr schwer. Treffen werden öfter mal kurz davor abgesagt weil "das Wetter ist so schlecht" oder "fühle mich matt". Anstatt zu sagen: ich hatte einen Rückfall. Selbst jetzt wo ich doch alles weiß und das Verhalten dieses Menschen in und auswendig kenne, wird noch gelogen. Ich kann das nicht verstehen, versuche aber es ihm nicht vorzuhalten.
Manchmal macht es mich wütend, dass ich so vieles für ihn aufgegeben habe. Meine Arbeitszeit musste ich verkürzen, damit ich noch genug Kraft hatte mich um ihn zu kümmern, was weniger Geld bedeutet hat. Mit dem wenigen Geld musste ich aber umziehen, Schulden abzahlen. All die Nachwirkungen, meine generelle Sorge nie wieder jemanden so vertrauen zu können, meine Angst irgendwann zur Männerhasserin zu werden... alles Steine die ich noch ne ganze Weile mit mir rumschleppen werde. Ich versuche das Beste drauß zu machen, aber es ist manchmal schrecklich frustrierend.

LG
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#7
Hallo rabitten,

Deine "Bauchschmerzen" zum Thema getrennt im gemeinsamen Haus wohnen kann ich gut nachvollziehen. Schön ist wirklich etwas anderes.

Meine Schwester (deutlich jünger als ich) hat sich vor 6 Jahren von ihrem Mann getrennt, mit damals 3 halbwüchsigen Kindern. Da sie den Kindern das Reihenhaus erhalten wollte, hat sie die Raten für das Haus sowie das Leben mit den Kindern komplett alleine gestemmt - ihr Mann zahlt bis heute trotz allerlei Anstrengungen keinen Cent! Bis selbst Pfändungsbeschlüsse wirklich durchgesetzt werden, dauert und dauert es. Auch die Ehe ist immer noch nicht geschieden, weil sich ihr Mann weigert, eine gütliche Einigung über den Wert des Reihenhauses zu erreichen. Was da an Anwalts- und Gerichtskosten aufläuft, ist unvorstellbar. Meine Schwester arbeitet Vollzeit und hat noch einen Nebenjob, um überhaupt zurechtzukommen. Inzwischen ist es soweit, dass die beiden jüngeren Kinder ihren Vater auf Unterhalt verklagen mussten (der trotz Einigung vor Gericht natürlich auch nicht gezahlt wurde). Was das für Kraft gekostet hat, ist unvorstellbar, und sie ist ein deutlich belastbarerer Typ als ich.

Nachdem ich im letzten Jahr nach der Trennung glücklicherweise von meinem geringen Teilzeitjob hier "um die Ecke", wo ich mich sehr wohl gefühlt habe, in einen Vollzeitjob in der Innenstadt (eine gute Stunde Fahrzeit mit Öffis) gewechselt hatte, musste ich diese Stelle schweren Herzens zum Jahreswechsel wegen Burnout-Symptomen wieder aufgeben und bin nun wieder in meinem alten Teilzeitjob. Geblieben ist ein Tinnitus, der mich mehr oder weniger quält, je nach Stimmungslage. Nach der Erkenntnis, dass ich einen Vollzeitjob mit gleichzeitig Kümmern um unseren behinderten Sohn, der unter der Corona-Situation (teilweise über Wochen Isolation in der Wohneinrichtung wegen Corona-Fällen im Haus) extrem leidet und deutliche Rückschritte gemacht hat, nicht schaffe, und dazu den Erfahrungen meiner Schwester scheue ich eine Wohnveränderung, für die notwendigerweise auch deutlich mehr arbeiten erforderlich ist (hier in der Großstadt ist das Wohnen extrem teuer). Bis auf notwendige Abstimmungen z. B. wegen unseres Sohnes oder hier anliegender Arbeiten werde ich von meinem Mann auch in Ruhe gelassen. Das ist schon sehr erleichternd. Von daher kann ich mein "altes Leben" weitgehend unbeeinträchtigt führen. Wir haben uns auf finanziell gemeinsames Wirtschaften geeinigt, ich kaufe ein und koche, die Mahlzeiten nehmen wir teilweise gemeinsam ein. Wegen seiner Erkrankung ist er seit fast 1 1/2 Jahren im Home Office.

Nichts desto trotz ist eine "richtige" Partnerschaft etwas ganz Anderes, und daher rate ich auch jüngeren Frauen, noch einmal neu anzufangen und sich von solchen Männern zu trennen. Für mich musste ich das gut abwägen und hätte es auch unter anderen Umständen durchaus gern anders gehabt. Ich hatte mir ja schon Reihenhäuser angesehen... Unter den jetzigen Umständen scheint für mich der aktuelle Weg der gangbarste zu sein. Wie sich das hier auf Dauer entwickelt, muss man abwarten. Wenn mein Mann jemand anderes kennenlernt, wird sich der Verkauf des Hauses dann wohl nicht vermeiden lassen. Aber so lange werde ich hier weitgehend unbehelligt wohnen können.

Liebe Mitstreiterinnen, lasst Euch nicht unterkriegen. Das Leben ist bunt und bietet immer wieder neue Möglichkeiten. Ich habe mit unserem Sohn schon so oft vor schier unlösbaren Problemen gestanden, und es hat sich doch immer wieder irgendwo ein Weg gefunden. So vertraue ich auch in dieser Situation darauf, dass es einen Weg geben wird. Das wünsche ich Euch allen auch!

VG Lobivia
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#8
Liebe Lobivia,

wow... unvorstellbar was da bei dir und deiner Schwester passiert. Ich kann es nicht nachvollziehen wie man mutwillig eine ohenhin schon schwere Situation noch schwerer machen will. Ich wünsche euch beide auf jeden Fall viel Kraft!
Ja, tu das was für dich der beste Weg ist. Manchmal ist Aushalten zwar schwer aber am Ende lohnender. Ich hoffe du achtest weiterhin auf dich. Wann immer du dich austauschen möchtest, wir sind alle füreinander da. Smile

Ganz liebe Grüße!
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#9
@Liebe Lobivia,

Wahnsinn wie stark Du bist sowie auch Deine Schwester. Es klingt alles sehr kräftezehrend und traurig, was Du beschreibst. Und trotzdem wirkst Du so gefasst.

Aber wer weiß, vielleicht begegnet DU sogar einem neuen Mann, der Dein Leben verändert und es eröffnen sich neue Möglichkeiten, neue Wege. Nichts ist unmöglich.

Oder Dein Mann macht den Klinikaufenthalt und bekommt sein Leben wieder auf die Reihe. Ob Du ihm dann noch eine Chance gibst, ist eine andere Sache.

Egal, was das Leben bringen mag, ich wünsche Dir und Deinen Kindern nur das Beste aber auch Deinem Mann, dass er den Ausstieg aus der Sucht schafft.

Alles Liebe

Geduldige
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#10
Heute mal ein Statusbericht von mir, ich muss den aktuellen Stand einfach mal loswerden. Wir machen seit ca. 1 Jahr eine Paartherapie, weil mein Mann die Beziehung irgendwie retten möchte. Leider geht es nicht so recht voran. Das liegt sicherlich auch daran, dass er nicht auf seine Bildchen verzichten möchte... Er hat zum Jahreswechsel versucht, einen Blocker zu installieren. Daraufhin habe ich (mal wieder) Hoffnung geschöpft, dass er es nun endlich kapiert hätte. Vor ein paar Wochen meinte er dann allerdings, der Blocker würde nicht richtig laufen und er könne weiterhin schauen. Er macht aber weiter keine Versuche, ihn denn mal zum Laufen zu bekommen. Dies begründet er mit der schweren Depression, in der er seit Jahren festsitzt, die medikamentös aber nicht behandelt werden kann, weil er diverse andere Medikamente wegen seiner chronischen Nierenentzündung nehmen muss und diese sich mit Antidepressiva nicht vertragen. Versuche mit Antidepressiva, die verträglich sind, waren ohne Wirkung. Es ist ihm aber bewusst, dass der weitere Konsum nicht gut für eine Beziehung ist. In der Paartherapie äußerte er beim letzten Mal, er möchte seine Autonomie und nicht "Sex nur bei Wohlverhalten - sprich Verzicht auf Pornos" bekommen. Das klingt für mich aber klar danach, dass er das Ganze überhaupt nicht begriffen hat. Insofern sind wir weiterhin in der Pattsituation.

Glücklicherweise bin ich seit ein paar Monaten in einer Online-Selbsthilfegruppe für betroffene Partnerinnen, die über return moderiert wird. Das empfinde ich als sehr hilfreich, zumal die Gruppe von zwei Therapeutinnen geleitet wird. Natürlich ist die Zeit für die vielen Probleme bei allen immer zu knapp, aber man nimmt trotzdem immer etwas für sich mit.
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