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Besser spät als nie
#1
So, guten Morgen liebe Leute,

Ich bin Apfelsäft und 32 Jahre alt. Seit ich 14 Jahre alt bin konsumiere ich Pornographie, damals bekamen wir Internet und es wurde Teil meines Lebens. Die Häufigkeit meines Konsumes war auch immer wieder ein Problem. Es führte zu Isolation und teilweise zu extremen sozialen Ängsten und generell einer sehr negativen Wahrnehmung meiner eigenen Sexualität. Schlimmer als die Häufigkeit waren aber manche Inhalte, die ich konsumierte.

Seit dem Wochenende habe ich viel darüber nachgedacht.

Gerade diese Inhalte zusammen mit meiner Alkohol- und auch Drogensucht (der Schwerpunkt liegt in meinem Fall auf dem Alkohol) führten im Dezember 2009 und Januar 2010 zu zwei Selbstmordversuchen. Ich empfand mein Lebens damals als nicht mehr lebenswert. Es hatte natürlich auch noch andere Gründe, aber ich denke ausschlagebend war meine Sucht nach Pornographie und die Auswirkungen davon. Ich war daraufhin zweimal in der geschlossenen Psychiatrie, aber ich brach damals alle Hilfsangebote ab und lebte so weiter vor mich hin. Bis 2017.

Seit 2017 versuche ich aktiv an mir zu arbeiten und habe bisher auch wirklich viel erreicht. Edit: Seit 2018 besuche ich die Anonymen Alkoholiker und ebenfalls einen Gesprächstherapeuten. Er sagt mir aber ganz klar, dass es eine Beratung und keine Therapie ist, daher bin ich am Überlegen eine ambulante Therapie bei einer Psychologischen Psychotherapeutin zu machen.

Als Kind wurde ich von meiner Mutter psychisch, verbal und immer mal wieder auch physisch misshandelt. Mein Vater war nie da. Zudem wurde auch mindestens einmal ein Mann (Nachbar) mir gegenüber sexuell übergriffig. Damals war ich vielleicht 5 oder 6. Weiß es nicht mehr genau.

Mein Konsum von Pornographie ist etwas was mich belastet. Es hat lange gedauert, aber ich habe es endlich kapiert. Daher bin ich sehr froh dieses Forum gefunden zu haben, um mich mit anderen austauschen zu können und wir vorallem gemeinsam an unseren Problemen arbeiten können. Durch die AA habe ich sehr gute Erfahrungen mit Selbsthilfegruppen gemacht. Für mich ist das ein Konzept was funktioniert.

Edit: Achso und heute ist Tag 4.
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#2
Lieber Apfelsäft, ja, der Austausch hier ist heilsam, auch oder vor allem wenn man schwankende, unsichere Tage hat... Deine Geschichte hat mich sehr berührt.... ich wünsche dir dass du weiter in ein gutes Leben hineingehen lernst, die vielen schmerzvollen Erfahrungen hier dir lassen kannst... Meiner Erfahrung nach reduziert die Pornographie tatsächlich schnell die eigene Lebenslust/ Erfahrung... Vielleicht quetscht man einfach zu viel, zu schnell heraus heraus durch die Pornographie und hat dadurch die Lebenszeituhr mal kurz auf "Schnelllauf" gestellt... Ich wünsche dir ganz viel Glück und Kraft auf deinem weiteren Weg...
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#3
Wow, in so einem Sumpf das Ruder herumzureißen hast du meinen größten Respekt! Echt Hut ab!
Werde gerne mitlesen und Daumen drücken. Wir Dopamin-Jäger müssen halt mehrere Baustellen angehen. Schlechte Gefühle zuzulassen hat bei mir sehr gedauert (und ist immer noch ein Prozess)
Machst du Sport?
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#4
Hey, vielen Dank für die lieben Worte und ein schöner Name @Traubensaft Big Grin

Heute ist Tag 5 - Mein Ziel ist es mindestens die 90 Tage zu schaffen, dabei ist SB nicht erlaubt, Sexualität zu zweit wäre prinzipiell erlaubt.

Bisher verläuft alles harmlos, aber an diesem Punkt war ich schon oft, daher abwarten. Ich denke auch die Häufigkeit von SB ist bei mir einfach übertrieben, zudem läuft das gedanklich ebenfalls wie ein Porno ab. Insgesamt würde ich auch einfach gerne mit weniger sexualisierten Gedanken durch den Alltag schreiten.

Edit: Eine Frage, ich lese hier immer wieder, dass sich manche wie ferngesteuert fühlen und dann rückfällig werden. Tatsächlich geht es mir da auch immer so bzw. ich mache es dann einfach. Es nicht zu tun fällt mir dann sehr schwer, wie geht ihr in diesen Situationen vor?


Zitat:Machst du Sport?


Ich gehe mit einem Freund zwei- bis dreimal die Woche klettern. Eigentlich gehe ich auch ganz gern joggen, aber die letzten Wochen kann ich mich dazu nicht so aufraffen. Und Du?
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#5
Hallo Apfelsäft, ja, ferngesteuert fühlen trifft es... Und es trifft auch, dass ein kleiner Reiz ("nur mal kurz schauen") fast zu 100% retour in den Wahnsinn führt... Das Ruder in den Momenten rumzureissen, wenn man im Fernsteuermodus ist definitiv das schwerste... Ich weiß nur dass es umso leichter wird, desto länger man sich nicht in die Pornoflut gestohlen hat... die Belohnung kommt in der Folge immer über das Leben draußen rückgespielt - aus irgendeinem Grund strahlt man mit der Zeit als Mann nicht mehr "nur" den Trieb aus, sondern mehr... so irgendwie.. Wenn die Fernsteuerung mal beginnt, dann geht aus meiner Erfahrung nur mehr:

1. Sofort in die kalte Dusche
2. eine Erstatzbefriedigung (bei mir zum Beispiel deppert Naschen)
3. ein zwei mal habe ich es geschafft eine alte bekannte Person anzurufen, das ist auch eine Art Kick, sich mal wieder bei wem melden, reden, den man lange nicht gesehen hat...

So irgendwie...
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#6
Danke für deine aufmunternden Worte Alobar Smile Insbesondere den Tipp mit der kalten Dusche werde ich bei Bedarf definitiv mal ausprobieren.

Ich habe mich heute nochmal mehr über das Thema informiert und denke mittlerweile, dass bei mir die Masturbation das Hauptproblem ist. Der Pornokonsum war in den letzten Monaten nicht so das Thema, aber Masturbation war immer ein Thema. In meinen Fantasien hat das auch nichts mit einer gleichberechtigten, vertrauten und liebevollen Sexualität zu tun.

Die erste längere Phase ohne Masturbation hatte ich dieses Jahr nachdem sich meine Freundin von mir getrennt hatte. Das waren ca. drei Wochen in denen ich nur einmal masturbiert habe. Anonsten ist es wirklich ein fester Bestandteil in meinem Alltag. Insbesondere wenn ich zu Hause bin und es mir langweilig ist oder es mir generell nicht gut geht. Dann mache ich das auch gerne mal öfter als einmal am Tag. Ansonsten fast immer täglich und das seit...vielen vielen Jahren oder Jahrzehnten.

Der Hauptgrund warum ich meinen Gesprächstherapeuten aufgesucht habe war meine sehr negative Wahrnehmung meiner eigenen Sexualität und ich denke es wird Zeit das Thema dort zum Hauptthema zu machen. Die letzten Tage ist mir auch aufgefallen, dass er durchaus versucht hat es bei mir anzusprechen bzw. mich "subtil" und beiläufig darauf aufmerksam zu machen ("Es hat bei Ihnen ja schon einen gewissen Suchtcharakter."). Ich habs einfach nicht gecheckt. Er hat es auch mal direkt angesprochen, aber da habe ich dann ziemlich konsequent abgeblockt.

Aber egal. Jetzt bin ich weiter und habe viele Erfahrungsberichte gelesen und hoffe, dass ich Ähnliches erleben werde. Soziale Ängste, Unsicherheit, Scham und ein geringes Selbstbewusstsein sind zwar die letzten Jahre schon erheblich besser geworden, aber es ging nie ganz weg und manchmal war es auch wieder voll da. Ich bin vorsichtig optimistisch den Grund dafür gefunden zu haben: Masturbation (und auch Pornos). Habe sowas nicht für möglich gehalten.
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#7
Heute ist Tag 7.

Tatsächlich ist die ganze No-Fap Sache bei mir mittlerweile etwas zur Nebensache geworden. Nicht weil ich das so toll kann, sondern weil diese Woche echt intensiv war und ist.

Also seit letztem Samstag ist einfach viel passiert und seit Donnerstag sind einfach viele Dinge in Bewegung gekommen. Ich habe mich zum ersten mal außerhalb meiner Beratung einem guten Freund anvertraut (er ist selbst bei AA) was mir als Kind passiert ist (mein Nachbar). Es gibt insgesamt drei Erinnerungen, aber diese sind auch nicht "gut zugänglich" von meiner Seite aus.

Nach dem Abend war ich um ca. 22:00h zu Hause. Ich habe gegrübelt, dann habe ich viel psychologischen Kram gegoogelt und dann habe ich wieder viel gegrübelt - bis 04:00h nachts. Dann habe ich mich hingelegt und Musik gehört. Plötzlich habe ich angefangen zu weinen bzw. zu schluchzen - krampfhaft. Das war ziemlich heftig, aber es tat auch sehr gut. Ging auch nicht so lange, vielleicht zwei, drei Minuten.

Seit ich trocken geworden bin habe ich nicht mehr geweint. Im Suff kam das öfter mal vor, besonders wenn ich alleine war. Aber danach kam das vielleicht vier oder fünfmal vor, aber dann auch nur sehr sehr kurz und das so heftig, dass ich echt Angst bekam und es unterdrückt habe. Ich konnte das nicht zulassen, ich habe es versucht, aber es ging nicht.

War dann noch wach bis 11:00h morgens. Danach habe ich geschlafen bis ca. 14:30h. Ich bin echt froh, dass ich die Woche Urlaub hatte.

Ansonsten habe ich zwei Psychotherapeutinnen angeschrieben. Glücklicherweise habe ich die Möglichkeit als Selbstzahler hinzugehen. Ich habe ein bisschen was gespart bei dem ich mich immer frage - wofür? Dafür!
Das verringert die Wartezeiten enorm und ich muss mich nicht mit der Bürokratie rumschlagen. Ich glaube mit meinem systemischen Berater werde ich nicht weiter kommen. Er hat mir enorm geholfen, aber es ist wohl an der Zeit eine richtige Psychotherapie zu machen.

Vielen Dank fürs Lesen Smile
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#8
freue mich über deine Beiträge, bleib dran, ich finde das wunderbar!!
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#9
Vielen Dank Alobar Big Grin. Ich werde hier immer mal wieder teilen, da ich merke wie gut es mir tut.

Heute ist Tag 8. Heute gehts klettern!

Bis dann liebe Leute
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